Berühmte Hallenser
Volkmann-Leander, Richard von
Ehrenbürger Richard von Volkmann war Chirurg, Dichter und „ein vielseitiges Genie"
Der Chirurg Richard von Volkmann (1830-1889), einer der hervorragendsten Mediziner seiner Epoche, war über Jahrzehnte mit der traditionsreichen Universitätsstadt Halle verbunden. Er begann seine wissenschaftliche Karriere im Mai 1855 als Assistent an der chirurgischen Universitätsklinik Halle, deren Leitung er schließlich Anfang März 1867 als ordentlicher Professor übernahm. Seine außergewöhnlichen chirurgischen Erfolge und die zahlreichen Veröffentlichungen auf seinem Fachgebiet lassen Volkmann binnen eines Jahrzehnts in die erste Reihe der europäischen Chirurgen aufsteigen. In einer Würdigung schreibt der Orthopäde Hermann Krukenberg: „Volkmann war ein so vielseitiges Genie, wie sie selten geboren werden. Er war der Stolz seiner Vaterstadt, und ich erinnere mich aus meiner Kindheit kaum einer Persönlichkeit, zu der wir mit solcher Ehrfurcht aufgeschaut hätten, wie zu Volkmann. Wie er sich für jeden einzelnen seiner Kranken interessierte, so wusste er sich mit einer seltenen Gründlichkeit in die einzelnen Theile seiner Wissenschaft zu vertiefen, und so wurden seine Arbeiten bahnbrechend auf den verschiedensten Gebieten, und was besonderst zu bemerken ist, alles, was Volkmann der deutschen Chirurgie geschenkt hat, hat dauernden Wert, hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten.“ (Hallesches Tageblatt Nr. 280 vom 29. November 1889).
Der berühmte Gelehrte amtierte 1878/79 als Rektor der Universität und konnte am Ende seines Amtsjahres den Neubau der nach seinen Wünschen errichteten Chirurgischen Klinik auf der Maillenbreite (Magdeburger Straße) als ersten Komplex des gesamten Universitätsklinikums beziehen. Damit war Volkmann am Ziel seiner lang gehegten Wünsche. Mit großer Sorge nahm die hallische Öffentlichkeit deshalb Kenntnis von der Tatsache, dass Volkmann Mitte Mai 1882 auf die Vorschlagsliste zu Berufungen auf den Berliner Lehrstuhl für Chirurgie, den ersten des Deutschen Reiches, gekommen war. Doch nach reiflicher Überlegung lehnte Volkmann den an ihn ergangenen Ruf nach Berlin in einem Schreiben vom 13. Juli 1882 an den zuständigen Minister ab. Seine Absage sprach sich in Halle in Windeseile herum und wurde lebhaft erörtert.
Das „Hallesche Tageblatt“ schreibt drei Tage später: „Diese Nachricht wird alle, die ein Herz für unsere Stadt, Liebe zu unserer Universität, Mitgefühl für die Leidenden haben, aufs Freudigste ergreifen. Je weniger wir es dem Genie hätten verdenken können, wenn es die Ehren, nach denen es nicht geizte, annahm, je betrübter die ärztliche Welt die Kunde vernehmen wird, daß der berufenste deutsche Kliniker sich weigert, den Platz einzunehmen, der ihm von Rechts wegen gebührt, desto stolzer kann Halle und seine alma mater sein, daß es seinen berühmten Mitbürger, Arzt und Lehrer behält.” (Ebd. Nr. 164 vom 16. Juli 1882).
Die Stadt Halle entschloss sich, Volkmann in würdiger Form zu ehren. In einem Zirkular schrieb Oberbürgermeister Gustav Staude von den Vorteilen des Entschlusses Volkmanns und fuhr dann fort: „Die Bedeutung dieser Vortheile wird gewiß Niemand unterschätzen und ich halte es deshalb für eine Pflicht der städtischen Behörden, dem großen Gelehrten den Dank und die Anerkennung auszudrücken, welche ihm die Bürgerschaft von Halle schuldet und von welchen dieselben durchdrungen ist. Dies kann wohl nur durch Verleihung des Ehrenbürgerrechts geschehen, welche ich hiermit beantrage.“ (StAH, Ehrenbürgerrecht Bl. 101). Daraufhin gab es im Magistratskollegium unterschiedliche Reaktionen. So lehnte Bürgermeister Wilhelm von Holly die vorgesehene Ernennung ab, da Volkmann bei seiner Entscheidung wohl kaum aus „Interesse für die Stadt oder Universität Halle“ gehandelt habe (Ebd. Bl. 101 f). Stadtrat Friedrich Dryander bringt juristische Bedenken vor, ob es angängig sei, Personen, die das Bürgerrecht besitzen, noch zu Ehrenbürgern zu machen, man habe sich deshalb bisher auf Auswärtige oder Wegziehende beschränkt. Schließlich einigt sich das Kollegium auf die Verleihung, die mit Schreiben vom 17. Juli bei der Stadtverordnetenversammlung beantragt wird (Ebd. Bl. 103 f).
Am 20. Juli suchen Vertreter beider Gremien Volkmann in dessen Haus Wilhelmstraße 32 (heute Emil-Abderhalden-Straße) auf, um ihm die Ehrenbürgerrechtsverleihung mitzuteilen. Die Urkunde konnte bei dieser Gelegenheit noch nicht überreicht werden, da sie wie immer in künstlerischer Form gestaltet werden sollte. Den Auftrag erhielt diesmal der hallische Dekorationsmaler Wilhelm Zander mit der Auflage seitens des Oberbürgermeisters, auf dem Titelblatt neben der Bezeichnung und dem Namen allegorische Darstellungen, die auf den Wirkungskreis des Ehrenbürgers Bezug hatten, sowie die neue Chirurgische Klinik zu zeigen. Die Ausführung des Dokuments verzögerte sich erheblich und konnte Professor Volkmann erst am 8. Februar 1883 überreicht werden.
Nach dem Text des Ehrenbürgerbriefes, der am 17. Juli 1882 ausgestellt wurde, verliehen ihm der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung die Würde „in dankbarer Anerkennung der hohen Verdienste, welche derselbe sich durch seine hervorragende und aufopfernde Thätigkeit als Lehrer der akademischen Jugend, als Leiter der chirurgischen Klinik und als Helfer für zahllose Leidende nicht nur um die Wissenschaft im Allgemeinen, sondern namentlich um die Hebung der hiesigen Universität und das Wohl unserer Stadt erworben hat […]“ (Ebd. Bl. 112).
Der neue Ehrenbürger der Stadt Halle bedankt sich am 18. Februar 1883 in einem längeren eigenhändigen Brief, in dem er in bewegender Weise seine Verbundenheit zur Stadt Halle formulierte. Volkmann schreibt u. a.: „Ich weiß dem Danke der mich erfüllt keinen beßeren Ausdruck zu geben, als indem ich wiederhole, was ich in jenen für mich unvergeßlichen Tagen bewegten Herzens ausgesprochen: daß so hohe und so ungewöhnliche Ehrenbezeugung die Ansprüche, die man an sich selbst stellt, Thun und Denken bis an das Lebensende bestimmen […]. Das Diplom, welches mir diese höchste Ehre, die einem Bürger zu Theil werden kann verbrieft, ist so reich ausgestattet und künstlerisch so vollendet hergestellt, wie es einer Stadt geziemt, die in unerhörtem Aufblühen begriffen sich deßen bewußt ist, daß sie von Jahr zu Jahr wachsend an Einfluß, Macht und Ansehen gewinnt und die sich daher selber ehren darf und will. Ich bin es mir allezeit bewußt geblieben, daß ich ihr den wesentlicheren Theil deßen verdanke, was ich im Leben erreicht habe“ (Ebd. Bl. 114 f).
Beruf/Funktion: Arzt, Direktor der Chir. Universitätskliniken, Schriftsteller, Autor „Träumereien an französischen Kaminen“
Geburtsdatum: 17.08.1830
Geburtsort: Leipzig
Verleihung der Ehrenbürgerschaft: 1882
Sterbedatum: 28.11.1889
Sterbeort: Jena
Ort der Beisetzung: Halle, Stadtgottesacker