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  • 39. Stein des Naturlehrpfades II Dölauer Heide

    Zweigriffliger Weißdorn (Steckbrief)

    lat.: Crataegus laevigata
    krataios (gr.) = fest (sehr hartes Holz), laevis (lat.) = glatt, eben

    Familie: Rosengewächse

    • bis 10 Meter hoher Strauch, Langtriebe tragen in den Blattwinkeln scharfe Dornen, häufig enden auch die Seitenzweige in Dornen
    • 1,5 bis 3,5 Zentimeter lange, eiförmige, im vorderen Abschnitt drei- oder fünflappige Blätter, Blattlappen kurz und stumpf, Buchten meist viel weniger als bis zur Blattmitte reichend, Nebenblätter eingeschnitten gesägt
    • Blütezeit: Mai
    • aufrechte, vielblütige Trugdolden
    • Blüten mit fünf weiß-rosa, 5 bis 8 Millimeter großen Kronblättern, zwei Griffel
    • kugelige, zirka 1 Zentimeter dicke Steinfrucht mit zwei Steinkernen und anliegendem Kelch
    • erreichbares Alter: 100 Jahre
    • Heimat: Europa

    Erratische Blöcke (Fremdlinge)

    lat.: errare = herumirren

    große Steine auf grüner WieseGrößere erratische Blöcke, wie sie hier am Heiderand als Wegsperrung am Granauer Weg zu finden sind, waren in die aus der Eiszeit stammenden Geschiebemergel eingeschlossen. Durch Erosion (starke Niederschläge, Regenbäche usw.) wurden sie teilweise aus den Erhebungen der Heide ausgewaschen. Nachgewiesen ist, dass solche Blöcke durch das saalekaltzeitliche Inlandeis vom Petersberg abgeschleift, zirka 12 Kilometer in südsüdwestlicher Richtung verfrachtet und beispielsweise am Nordhang des Langen Berges abgelagert wurden. Einer dieser Blöcke ist das Denkmal auf der Bischofswiese.

    Der Naturlehrpfad folgt nun in südliche Richtung dem Granauer Weg über den Lößhohlweg, die Eislebener Straße (alte B 80), Friedhof Granau bis zum Heidesee.  (Eingang zur Heide am Granauer Weg)

    Es besteht auch die Möglichkeit, am Waldrand weiter in Richtung Osten zu wandern, auf dem Kuhkamm nördlich an der Siedlung „Sandberg“ vorbei, am Ostteil des Heidesees entlang nach Nietleben.

    Kuhkamm

    Dieser Höhenrücken besteht aus Oberem Sand (entstanden im  Eozän vor 55 bis 34 Millionen Jahren), der hier bis 20 Meter mächtig ist. Er wird überdeckt von saalekaltzeitlichem Geschiebemergel (entstanden im Pleistozän vor 230.000 bis 130.000 Jahren), der entkalkt und zu Geschiebelehm verwittert ist.
    Dieser Geschiebemergel wurde am Grunde des von Nord nach Süden vordringenden Inlandeisgletschers abgelagert (Grundmoräne). Der Kuhkamm wird flankiert von kleinen Tälern und Schluchten, in denen die leichter auszuräumenden tertiären Sande ausstreichen.

     

    „Lößhohlweg bei Granau“ (Flächenhaftes Naturdenkmal)

    Der Weg entstand infolge jahrhundertelanger  Benutzung durch Mensch, Vieh und Wagen und der dadurch verursachten Erosion. Der stetig vertiefte Geländeeinschnitt verläuft teilweise als Hohlweg im Schäferberg, erreicht zirka 150 Meter vom Waldrand entfernt seine höchste Stelle bei 129 Metern  NHN. Der Name des insgesamt 580 Meter langen Flächenhaften Naturdenkmals rührt von der 0,3 m – 1 m dicken Lößschicht  des Oberbodens der links und rechts liegenden Felder.  Der Hohlweg schneidet  in den Saalekaltzeitlicher Geschiebemergel und dem Oberen Sand, der auch den Höhenrücken bildet. Die höchste Erhebung des Höhenrückens befindet sich ca. 100 m  in Richtung Westen  mit 133 m über NHN. Schon eine Karte von 1848 zeigt den Granauer Weg im Bereich des jetzigen Naturdenkmals als Hohlweg.

    Besonders bedeutend im Schutzgebiet sind die Trocken- und Halbtrockenrasen an den Osthängen mit an Trockenheit und Wärme angepassten Pflanzenarten (beispielsweise Haarpfriemengras, verschiedene Schwingelarten, Zypressen-Wolfsmilch, Karthäuser-Nelke, Feld-Mannstreu, Dornige Hauhechel). Auch Arten der Gebüschgesellschaft, wie sie am Südrand der Heide besteht, sind hier zu finden. Von der höchsten Stelle im Mittelteil des Hohlweges hat man eine sehr schöne Sicht auf die Stadt Halle, insbesondere den Stadtteil Neustadt und das Umland.

    Feld- Mannstreu (Steckbrief)

    distelartige Pflanze
    lat.: Eryngium campestre
    erygano (gr.) = rülpsen (altes Heilmittel gegen Blähungen), nach anderer Deutung griechischer Name für Ziegenbart; campus (lat.) = Feld

    Familie: Doldenblütengewächse

    • 0,15 bis 1,00 Meter hohe ausdauernde, stark verästelte, distelartige, graugrün bis weißliche  Pflanze mit knotigem, hohlem Stängel und dreizähligen, dornigen, wechselständigen Blättern mit doppelt fiederspaltigen Abschnitten, untere Blätter sind gestielt, die oberen Blätter stängelumfassend
    • bis  2 Meter langer Wurzelstock
    • Blüten ungestielt in 0,5 bis 2,5 Zentimeter breiten, fast kugeligen Köpfchen, die am Grunde von dorniger, oft bläulich überlaufener Hülle umgeben sind, fünf Kronblätter weiß oder graugrün
    • Blütezeit: Juli bis September
    • zweiteilige Spaltfrucht
    • Heimat: Europa
    • Verwendung in der Volksheilkunde bei Harnwegserkrankungen (Blätter) und bei Husten, Bronchitis, Blasen- und Nierensteinen (Wurzel)
    • wärmeliebend, vor allem in Trocken- und Halbtrockenrasen
    • die Pflanze erinnert an eine Distel, gehört aber nicht zu dieser Pflanzengruppe
    • im Spätsommer lösen sich die trockenen Pflanzen von den Wurzeln, der Wind rollt sie als „Steppenläufer“ über den Boden, wobei die Samen ausgestreut werden, also hat die deutsche Bezeichnung nichts mit „ Männertreue“, sondern mit „streuen“ zu tun

    Dornige Hauhechel (Steckbrief)

    lat.: Ononis spinosa
    onos (gr.) = Esel (wegen des unangenehmen Geruchs junger Laubtriebe); spinosus (lat.) = dornig

    Familie: Schmetterlingsblütengewächse

    • 0,10 bis 1,00 Meter hohe ausdauernde Pflanze mit ein- oder zweireihig behaartem, meist stark dornigem, dicht zottig, meist drüsig behaartem, im unteren Teil meist verholzendem Stängel
    • Dornen meist zu zweit
    • bis 50 Zentimeter lange Pfahlwurzel
    • dreizählige, sitzende Blätter mit 1 bis 3 Zentimtern langen, fein gezähnten Fiederblättchen
    • zu ein bis drei blattachselständige, kurz gestielte 1 bis 2 Zentimter lange Blüten mit rosa, selten weißlicher Krone
    • 0,5 bis 1,0 Zentimeter lange, eiförmige, meist drüsig behaarte, aufrechte Hülsen
    • Blütezeit: Juni bis September
    • Heimat: Europa
    • wärmeliebend, in Halbtrockenrasen
    • Verwendung in Heilkunde, Wurzel enthält u. a. ätherische Öle, harntreibend

    Nach der Einmündung des Granauer Weges in die Eislebener Straße (alte B 80) sieht man etwas rechts das alte Steigerhaus (Steiger = Aufseher im Bergbau).

    Der Naturlehrpfad führt nun nach links in Richtung Osten auf der Eislebener Straße, an der hier einige starke Gemeine Eschen auf der Nordseite der Straße zu sehen sind. Rechts erreicht man über die Teutschenthaler Landstraße die Bushaltestelle Friedhof Halle-Neustadt.

    Links befindet sich der


    Friedhof Granau mit der Kirchenruine

    alte Häuserwand mit Fensteröffnung umgeben von Grün eines FriedhofesDer Ort Granau wurde zwar 1182 erstmals urkundlich erwähnt, doch war es wohl  schon um 800 u. Z. eine wendische (= slawische) Siedlung, deren Name auf die Lage auf einer feuchten Wiese an einem Hang Bezug nimmt. Sie lag im heutigen westlichen Nietleben. Zwischen 1150 und 1200 errichtete hier das Kloster Neuwerk Gutshof und Kirche. 1278 wurde Granau erstmals zerstört und 1636 durch schwedische Truppen niedergebrannt  und dann verwüstet. Die in ihrem Ursprung romanische Kirche wurde zwar 1654 aus Natursteinen  wieder aufgebaut, aber 1886 aufgegeben.
    In der Ruine erinnert eine Gedenktafel an die im 1. Weltkrieg gefallenen Nietlebener. 1965 wurde an der Mauer ein Bronzerelief mit dem Bildnis von Siegmar Baron von Schultze-Gallera zur Wiederkehr seines 100. Geburtstages angebracht.

    Von den auf dem Friedhof Granau befindlichen Gräbern sind die von Dr. Carl-Friedrich Bahrdt (1741 bis 1792) und den halleschen Heimatforschern Dr. Siegmar Baron von Schultze-Gallera (1865 bis 1945) und Prof. Dr. Erich Neuss (1899 bis 1982) erwähnenswert. Bemerkenswert sind die großen Exemplare des Gemeinen Efeus an der Kirchenruine.

    Carl-Friedrich-Bahrdt (1741 bis 1792)

    Philosoph, konsequenter Vertreter der Aufklärung, Professor, Prediger, Erzieher und Superindentent und seit 1797 Schankwirt seines Weinberges bei Halle. Er fesselte dort Jahre hindurch Studenten und Professoren der Universität Halle durch seine geistreichen Gespräche und Disputationen. Er gründete einen Geheimorden und trat in über 200 Druckschriften für Menschenrechte ein.


    Siegmar Baron von Schultze-Gallera (1865 bis 1945)

    Zuerst mit wenig Erfolg als Germanist tätig, wandte er sich ab 1910 der Heimatgeschichte zu, widmete sich vorrangig der Historie von Halle und dem Saalkreis und wurde zum Mitbegründer der wissenschaftlichen Regionalgeschichte. Er wohnte und arbeitete von 1919 bis 1945 in Nietleben. Die Ergebnisse seiner Heimatforschung veröffentlichte er u. a. in seinem fünfbändigen Werk „Wanderungen  durch den Saalkreis“.

    Erich  Neuss (1899 - 1982)

    Er beschäftigte sich seit seiner Jugend mit der Geschichte der Stadt Halle und deren Umgebung, war Stadtarchivar, erforschte insbesondere die Wüstungen von Halle, dem Saalkreis und den Mansfelder Kreisen. Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte er in zahlreichen Schriften, beispielsweise „Siedlungsgeschichte des Saalkreises und des Mansfelder Landes“.

    Nach kurzer Wegstrecke (ca. 250 m) und dann nach links (Richtung Norden) erreicht man das Heidebad.

    Heidebad (Bruchfeldsee)

    ein See mit grüner UmgebungIm Gebiet des heutigen Heidebades wurde im Tiefbau Braunkohle abgebaut (Grube „Neuglück“). Nach Beendigung des Abbaus senkte sich das Gelände durch Einbruch der Stollen und ab 1930 sammelte sich hier zunehmend  Wasser an. Das Heidebad wurde 1954 eröffnet.
    Der kleine Heidesee westlich des Heidebades war eine Grube im Ortsteil Granau, in der früher der "Unterer Sand" abgebaut wurde. Heute hat dieses Gewässer, das einen gut ausgebildeten Röhrichtgürtel aufweist, Bedeutung als Laichplatz einer größeren Erdkrötenpopulation.

     Von hier aus hat man einen Blick auf die Streuobsthänge bei Nietleben.


    Gesetzlich geschützte Biotop „Streuobsthänge bei Nietleben“

    Die hier auf artenarmem Halbtrockenrasen bestehenden Streuobstbestände (vorrangig Süß-Kirschen) sind Relikte einer traditionellen extensiven Landnutzungsform. Viele Streuobstwiesen stammen im Gebiet von Halle meist aus dem Ende des 19. Jahrhunderts und stehen im Zusammenhang mit der stark wachsenden Bevölkerung infolge der Industrialisierung unserer Region. In diesem Biotop stocken auch eine Reihe anderer, angepflanzter Baumarten (beispielsweise Robinie). Die tertiären Sande (Oberer Sand) an der Hangkante sind gut erkennbar. Das Gebiet beherbergt eine artenreiche Insektenfauna. Dazu zählen viele Bienenarten, die ihre Bauten im Sandboden anlegen und die seltene Blauflügelige Ödlandschrecke.

    Ende des Lehrpfades

    Idee, Konzeption, Text und Bilder: Dr. Jürgen Buschendorf