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  • Archivale des Monats

    Im Stadtarchiv Halle lagern viele verborgene Schätze. Diese Schätze sollen für die Öffentlichkeit geborgen werden. Besucherinnen und Besucher dieser Seite wird an dieser Stelle jeden Monat eine besondere Archivale oder ein neuer Bestand aus den tausenden von Regalmetern vorgestellt. Einige dieser Archivalien von 2010 bis 2015 wurden von Schülerinnen und Schülern des Südstadt- , Georg-Cantor-, des Herdergymnasiums und der BbS IV „Friedrich-List“ Halle im Rahmen von Projekten im Stadtarchiv Halle recherchiert und als "Archivale des Monats" veröffentlicht. 

    Viel Spaß beim Entdecken!

    Archivalien des Jahres 2024

    Entwurf für den Garten des Cafés David

    Bis ins 19. Jahrhundert hinein erhob sich an der Alten Promenade (dem heutigen Universitätsring) noch die alte Stadtmauer. Während ihrer stückweisen Beseitigung wurde der entstehende Straßenzug neu bebaut. Und auch Friedrich David als Inhaber einer Konditorei und Honigkuchenfabrik, kaufte dort zur Erweiterung seines bereits in der Geiststraße bestehenden Geschäfts in den 1860er Jahren ein Grundstück, welches er durch Erwerb eines angrenzenden Areals noch vergrößerte. Dazu gehörte auch das ursprünglich von den Tuchmachern genutzte Gelände. Dieses sollte nach den Vorstellungen des innovativen Konditors in eine parkähnliche Anlage umgestaltet werden. Eine dazu 1872 beim Magistrat eingereichte Skizze sah zwei Pavillons und mehrere Terrassen für Tische und Stühle vor. Was von diesen Ideen tatsächlich umgesetzt wurde, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Der Garten des Cafés David mit Springbrunnen und Musikpavillon wurde jedoch schnell bekannt und erfreute sich großer Beliebtheit. Später übertrug Friedrich David den Söhnen die Geschäftsleitung seines Unternehmens. Während Johannes David Konditorei und Café weiterführte, war Ernst David Inhaber der schon von seinem Vater begonnenen Schokoladenfabrikation, die sich durch den Markennamen „Mignon“ als Aktiengesellschaft „David Söhne A.-G.“ einen Namen erwarb.

     

    Skizze zur Bebauung des Tuchmacherberges. Bl. 17 a aus der Akte „Das zur Zeit dem Conditor David gehörige Hausgrundstück Alte Promenade 4 betreffend“ (A 1.1.15 Kap. XV Abt. Q Nr. 10a)

     

     

     

    Kleinformat ganz groß - Dias als Bildquelle


    Im Frühjahr 1985 begannen die Rekonstruktionsarbeiten am Alten Markt. Ein Jahr zuvor dokumentierte der Architekt und Stadtplaner Josef Münzberg (1933-2005) die nördliche Häuserzeile kurz vor dem teilweisen Abbruch. Münzberg war langjährig im Stadtbauamt Halle tätig und setzte sich für die Modernisierung der Altbausubstanz und Erhaltung von Einzelbaudenkmalen ein. Für seine Aufnahmen nutzte er auch die besonders in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beliebten Diafilme, deren Bilder sich durch einen hohen Kontrastumfang und natürliche Farben auszeichneten. Über einen Diaprojektor konnten die teilweise verglasten und in Metall- oder Plasterahmen eingesetzten Einzelbilder in vielfacher Vergrößerung auf einer Leinwand wiedergegeben und zur Veranschaulichung von Vorträgen genutzt werden. 
    Die vorgestellten Dias gehören zu der bereits 1928 angelegten Diasammlung des Stadtarchivs. Heute umfasst sie etwa 26.400 von der Stadtbildstelle, Stadtfotograf*innen sowie von Privatpersonen stammende Dias. Zu den vielfältigen Motiven gehören unter anderem Reproduktionen von Grafik und Objekten, Porträts und Aufnahmen von Straßen und Gebäuden. 

    Zwei Aufnahmen der nördlichen Häuserzeile am Alten Markt, 
    Foto Josef Münzberg 1984 (NF 21773, NF 21774) 

     

    Ein Lehrbrief mit Schmuckblatt


    Eine solchen „Lehrbrief“ erhielt ein „Azubi“ aus Halle vor über 100 Jahren nach einer Ausbildung im Klempner-Handwerk. Nach Angabe in der zugehörigen Urkunde hatte der Lehrling Wilhelm Mückenheim „bei Klempnermeister Oskar Berendt seine Lehrzeit zurückgelegt, die ihm übertragenen Arbeiten zur Zufriedenheit ausgeführt und sich die nötigen Kenntnisse im Klempner-Installations-Handwerk erworben“. Anschließend hatte er vor der Handwerks-Gewerken-Kammer Halle/S. die Gesellen-Gehilfen-Prüfung im Klempner-Installateur-Handwerk abgelegt und bestanden. Das bestätigten die Mitglieder der Prüfungskommission mit ihrer Unterschrift und Stempel der Klempner- und Installateur-Innung Halle.
    Das Schmuckblatt deutet die Fülle der vom Klempner auszuführenden Tätigkeiten und die zum Schneiden, Formen und Verbinden von Blechen zu benutzenden Werkzeuge an. So stehen das Bild unten links und die darüber dargestellten Werkzeuge wie Rohrzange, Lötlampe, Pumpenzange und verstellbarer Schraubenschlüssel für die Gas- und Wasser- Installation. Das Verkleiden von Dachflächen, Fassaden und Schornsteinen mit Blechen vermitteln unter anderem Amboss, Lötkolben und Blechschere, Kröpfeisen, Kugel- und Ziehhammer sowie die unten rechts dargestellte Dachansicht. 

     

    Entwurf für das neue Sparkassengebäude


    Mit dem am 21. April 1914 ausgestellten Erlaubnisschein konnte der Bau eines neuen Sparkassengebäudes in der Rathausstraße / Ecke Kleine Steinstraße beginnen. Damit verwirklichte der seit zwei Jahren in Halle tätige Architekt Wilhelm Jost (1874-1944) ein weiteres Bauprojekt. Seit seiner Anstellung als Stadtbaurat hatte er bereits andere städtebauliche Vorhaben wie den Gertraudenfriedhof, das Stadtbad sowie Erweiterungsbauten für das Altersheim Beesener Straße und das Hospital St. Cyriaci et Antonii umsetzen können. Weitere Bauten, Stromerzeugungs- und Verteilungsanlagen und Wohnhäuser sollten während seiner langen Amtszeit folgen.
    Im Januar 1914 hatte Jost die von ihm und dem Stadtbauinspektor Heinrich Petry (1880-1953) erarbeiteten Pläne für die neue Sparkasse bei der Stadtverwaltung eingereicht. In dem beigefügten Erläuterungsbericht heißt es: „Der Eingang zur Sparkasse liegt an der Rathausstraße etwa in Mitte des Gebäudes da, wo die Straße schon etwas höher liegt und deshalb weniger Stufen zur Erdgeschoßhöhe notwendig werden.“ 
    Tatsächlich hatte Jost in seinem Entwurf die Bebauung des in Richtung des heutigen Hanserings ansteigenden Grundstücks optimal gelöst. Zudem war es ihm durch das Zurücksetzen der zwischen den Giebeln angeordneten Obergeschosse gelungen, die enge Rathausstraße optisch zu erweitern. Als Schmuckelement integrierte er einen Barockerker von einem 1900 am Kleinschmieden abgebrochenen Haus in die Fassade.
    Und so würdigte die Saalezeitung Wilhelm Jost als „ausgezeichneten Hochbauer“, dessen Werk „nach dem Zeugnis der Fachleute in jeder Weise den Meister lobt.“

    Ein besonderer Akteneinband


    Nichts Besonderes fällt zunächst an einer historischen, im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts zu Vormundschaftssachen angelegten Akte auf. Beim Aufschlagen wird offenbar, dass die durch Fadenheftung zusammengehaltenen Blätter nur noch lose in den Akteneinband eingelegt sind.
    Dieser weist jedoch innen einen großflächigen Aufdruck auf. Der gekrönte Wappenschild des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. mit Adler und den Initialen FW wird von zwei Engeln gehalten und von Pflanzenranken umrahmt. Wie die Beschriftung verrät, diente dieser Akteneinband wohl ursprünglich als Verpackung für „Gut Schreibe-Papier“ des Papiermachers Georg Christoph Keferstein (1723-1802). 
    Beim Betrachten gegen das Licht wird die Siebmarkierung des handgeschöpften Papierbogens sichtbar. Dazu verweist das Wasserzeichen „GCK“ auf die seit 1718 von der Familie Keferstein gepachtete Papiermühle in Kröllwitz. Aus Lumpen wurde hier sowohl weißes Druck- und Schreibpapier als auch das weniger feine Kanzlei- und Konzeptpapier hergestellt. 1749 übernahm Georg Christoph Keferstein die Mühle von seinem Vater und führte zahlreiche Neuerungen und Erweiterungen ein. In einem 1762 in Leipzig herausgegebenen Büchlein „Unterricht eines Papiermachers an seine Söhne, diese Kunst betreffend“ gab er seine Erfahrungen zur Papierherstellung weiter.
    Der ungewöhnliche Akteneinband ist ein Beispiel für die im alten Archiv der Stadtverwaltung im 19. Jahrhundert vollzogenen Veränderungen. Neben Aussonderung von Akten und Verkauf als Altpapier wurden auch Aktendeckel bei schlechtem Erhaltungszustand ausgewechselt. So erhielt die Akte diesen ungewöhnlichen Umschlag.

    Die Annalen des Thomas Cresse

    Der hallische Stadtsyndikus, Pfänner und Beisitzer des Schöffenstuhls Thomas Cresse verfasste bis 1624 ein neunbändiges, handschriftliches Werk, welches sich vor allem mit der hallischen Stadtgeschichte beschäftigt. Dieses befindet sich heute unter der Signatur H A 1, Bd. 1-9 im Stadtarchiv Halle. Es berichtet nach Jahren geordnet über verschiedenste wichtige Ereignisse. Daher wird dieses Werk als „Cresses Annalen“ (lat. annus = Jahr) bezeichnet. Die Ereignisse eines Jahres sind jedoch nicht immer streng chronologisch angeordnet. Cresses Werk enthält die Abschriften zahlreicher Urkunden und Briefe, außerdem berichtet er über wichtige politische Ereignisse aus Halle, dem Erzbistum Magdeburg, angrenzenden Gebieten und teilweise sogar aus ganz Europa. So kann man aus dieser Quelle vieles über die beschriebene Zeit, vor allem über hallische Stadtgeschichte, wichtige Amtsträger, Baumaßnahmen, Rechtsfälle, Unfälle, Pestwellen, Hochwasser und das Leben der Bürger in Halle im Allgemeinen lernen. Sie sind größtenteils in (frühneuhoch)deutscher Sprache geschrieben, lediglich einige Urkundenabschriften sind lateinisch abgefasst.
    In den 1470er Jahren kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den für die Stadtpolitik enorm bedeutsamen Pfännern und anderen Parteien innerhalb der Stadt. Das ermöglichte dem Magdeburger Erzbischof, die Stadt einzunehmen und ihre jahrhundertelang ausgebaute Selbstständigkeit zu beenden. Ausgehend davon unterstrich Cresse die Bedeutung der Eintracht innerhalb einer Stadt mit einem kleinen Gedicht:

    „Eigennutz und Zwitracht 
    hatt Maintz und halle zu eigen gemacht
    das Coln hatt ihren herrn gefangen
    Erfurt den Burgemeister gehangen
    Mulhausen ist auch dahin
    Quedelburg hatts kleinen gewin
    Magdeburg lasz dirs ein spiegel sein
    So bleibstu bey der wurde dein
    Graben wall maurn und geschutz
    Zwinger pulver thurm sein kein nutz
    Es hilft gewalt und grosze Manschaft nicht
    Wo eintracht und lieb in einer Stadt gebricht.
    Summa: lieb und eindracht bessern klein gut
    Hass und zwitracht bringet armutt“
     

    Cresses Annalen, StAH H A 1, Bd. 4, fol. 203r.

    „Fräulein Bupari“ – Eine „Künstlerin“ im Großformat

    Ein Besuch des Zoologischen Garten steht während der Ferienzeit wohl bei vielen Familien auf dem Programm. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich immer wieder die Elefanten. Schwerfällig trotten sie durch das Gehege und nehmen mit ihrem langen Rüssel Nahrung und Wasser auf. Besonders beeindruckten die Dickhäuter wohl auch Willy, Ellen und die anderen Unterzeichnenden, die 1919 eine Postkarte mit Grüßen nach Kiel verschickten. „Buparie und Munter“ konnten sie jedoch bei ihren unübertrefflichen Leistungen nicht mehr bewundern, war doch die gezeigte Elefantendame „Buparie II“ bereits im Dezember 1917 verstorben.
    Schon kurz nach Eröffnung des halleschen Zoos gehörte seit 1902 die Elefantenkuh „Bupari I“ zum Tierbestand und begeisterte die Besucher mit zahlreichen Kunststücken. Nach ihrem Tod 1909 folgte die zweite ebenfalls aus Indien stammende gleichen Namens. Sie beherrschte durch Dressur ihres Wärters Wilhelm Dölz bald das Repertoire ihrer Vorgängerin und avancierte schnell zum Star. Wie die Tageszeitungen berichteten, konnte die schwergewichtige Dame nicht nur Balancierflaschen überschreiten, auf einem Fass tanzen und auf den Vorderfüßen stehen. Sie trat mit dem Hund „Munter“ auf und spielte selbst die Geige „mit zartem Bogenstrich“. Bupari II, die einst als Elefantenbaby mit einem Meter Höhe in den Zoo gekommen war, hatte zuletzt die stattliche Höhe von 2,25 Meter und ein Gewicht von 28 Zentner erreicht. In den Zoologischen Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle wird das riesige Skelett dieses Elefanten aufbewahrt.


    „Buparie und Munter“, Postkarte (Lithografie), um 1912, Kunst-Anstalt H.A. J. Schultz & Co, Hamburg, Poststempel 1. August 1919
     

    Ein Freibad für die Damen

    Sonnenschein und Wärme locken im Sommer wieder in die Freibäder. Bereits im 19. Jahrhundert luden auch in Halle zahlreiche, an der Saale liegende Flussbadeanstalten zum Sprung ins kühle Nass ein. Ein beliebter Badeplatz waren die Pulverweiden, wo laut Bekanntmachung im Hallischen patriotischen Wochenblatt bereits 1826 unter Aufsicht von zwei Halloren an einem abgesteckten Platz gebadet werden durfte. 1868 ließ die Stadt einen Badeplatz für Arme anlegen. Später kamen andere Badeanstalten, so das Florabad, das Militärbad sowie ein Damenbad hinzu. Dank mehrerer im Stadtarchiv aufbewahrter Akten und Pläne aus dem Bauamt können wir noch heute die Bauweise dieser Einrichtungen nachvollziehen. 
    Das Frauenbad in den Pulverweiden hatte am Uferbereich eine Länge von 25 m, eine Breite von 10,5 m und ragte 10 m ins Wasser hinein. Es enthielt acht Umkleidezellen für Erwachsene und einen Umkleideraum für Kinder. Durch bequeme Treppen gelangte man in die Bassins. Wie der Generalanzeiger am 03.07.1994 detailliert berichtete, waren vier kleinere untereinander abgetrennte Badebassins für Erwachsene und zwei größere Bassins mit unterschiedlicher Tiefe für Kinder vorhanden. Hohe Planken schützten vor neugierigen Blicken. Von außen wurde das Bad durch eingerammte Pfähle, Stromanker und Streben gehalten. Der von dem Architekten Richard Fleischhauer im April 1894 erstellte Plan wurde durch den Stadtbaurat Ewald Genzmer und den Stadtbauinspektor Gustav Schaumann bestätigt und anschließend von der Wasserbauinspektion genehmigt.
    Die Zeitung lobte abschließend die praktische Ausführung der Einrichtung durch Zimmermeister Gustav Huth. „Bei steigendem Wasser heben sich z.B. alle auf dem Wasser befindlichen Gegenstande mit, ohne jedoch die Verbindung mit dem Lande zu stören. Das ganze Bad ist in Holz ausgeführt und macht von innen und außen einen guten Eindruck.“ Davon konnten sich zur Eröffnung am 28. Juni 1894 bereits etwa 300 badebegeisterte Besucherinnen und Kinder überzeugen. Wie der Magistrat mitteilte, war es fortan „jeder weiblichen Person gestattet, dortselbst von Morgens 6 bis Abends 9 Uhr ohne Entgelt zu baden. An Sonn- und Festtagen erfolgt der Schluß des Bades bereits um 6 Uhr Abends. Den Anordnungen der Aufseherin ist unweigerlich Folge zu leisten.“ 

    Ein Abzeichen für kühne Motorradfahrer

    Anhänger des Motorsports kamen vor 70 Jahren in Halle einmal mehr auf ihre Kosten.  Die Saalestadt war Schauplatz der von der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) ausgerichteten II. DDR-Meisterschaft im Motorsport. Neben Mitgliedern der GST nahmen Vertreter von DDR-Sportclubs und Betriebssportgemeinschaften teil. Und ganz im Sinne der damals noch angestrebten Zusammenführung von Ost- und Westdeutschland waren auch westdeutsche Fahrer dabei. Am Donnerstag, den 23. September 1954 dröhnten am Gestüt Kreuz die Motoren, als 248 Fahrer auf ihren Feuerstühlen zur Orientierungsfahrt in die Dübener Heide starteten. Am folgenden Tag absolvierten sie die erste Tagesetappe der eigentlichen Geländestrecke über mittelschweres Gelände quer durch den damaligen Bezirk Halle bis nach Stolberg im Harz. Da galt es, Steilhänge, Schlamm und Wasserdurchfahrten zu meistern. Durch Maschinenschäden konnten 60 Fahrer zur zweiten Etappe am Samstag nicht mehr antreten. Bei der Geschwindigkeitsprüfung auf der kleinen Halle-Saale-Schleife am Sonntagvormittag wurden schließlich die Republikmeister der GST in einzelnen Klassen ermittelt und insgesamt 48 goldene, 44 silberne und 35 bronzene Medaillen verliehen.
    Ein Abzeichen in den Sammlungen des Stadtarchivs erinnert an das Ereignis. Ein Fahrer mit Helm und Schutzbrille auf seinem Motorrad scheint auf den Betrachter zuzukommen. Detailreich sind Motorradsportler und Fahrzeug vor der Silhouette einer Tanne dargestellt.  Das Zeichen der GST mit Anker, Gewehr und Propellerrad weist auf den Veranstalter dieser Meisterschaften hin. Die 1952 gegründete Organisation sollte zunächst neben sportlicher Betätigung die technischen Fähigkeiten und Kenntnisse von Jugendlichen entwickeln. Zu den angebotenen Kursen gehörten Segelfliegen, Fallschirmspringen, Tauchen, Schießen, Motorfliegen und Motorsport. Später beeinflussten zeithistorische Ereignisse und die Gründung der Nationalen Volksarmee (1956) die Ausrichtung der GST. Zunehmend stand nun die vormilitärische Ausbildung im Fokus.

    Industrie- und Feldbahnen im Bild

    Ein Wimmelbild zeigt die vielfältige Anwendung der Industrie-, Feld- und Waldbahnen von Otto Neitsch aus Halle. Szenen aus Bergbau, Land- und Forstwirtschaft sind unterhalb einer Stadtansicht von Halle kombiniert. So wird links aus einem Steinbruch abgebautes Gestein transportiert. Daneben befindet sich der Rundofen einer Ziegelei, aus der gebrannte Ziegel zur Verladung auf einen Lastenkahn gebracht werden. Der Abschnitt in der Mitte zeigt Ernte und Transport von Zuckerrüben über Feldwege zu einem Güterwagen der Eisenbahn. Eine weiter rechts dargestellte Grube steht für den Abbau von Kohle, die zur Fabrik gebracht wird. Allen Szenen gemeinsam ist der Transport der verschiedenen Güter in Kipploren vom Ort der Gewinnung zur Fabrik oder zum weiteren Versand per Schiff. Das Schienennetz stellt dabei Verbindung zwischen den einzelnen Schauplätzen her und symbolisiert gleichzeitig die enge Verflechtung einzelner Wirtschaftszweige.
    Auf kleiner Bildfläche werden Landwirtschaft, Zuckerfabrikation, Bergbau und Schifffahrt illustriert, welche die Region Halle seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts prägten. Dabei gab die rasche Entwicklung der Rübenzuckerfabrikation wesentliche Impulse. In den zahlreichen Zuckerraffinerien fand die Kohle aus den nahe gelegenen Braunkohlengruben einen sicheren Abnehmer. Als Folgeindustrie ging aus kleinen Schlossereien der Maschinen- und Wagenbau hervor. Zur Beförderung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse und verschiedener Roh- und Baustoffe wurden auch robuste Feldbahnen gebraucht. An Ziegeleien und Zuckerfabriken, an Steinbrüchen und Tagebauen kamen diese Bahnen unter anderem zum Einsatz. Sie rollten auf schmalspurigen Gleisen, die an schwierige Terrainverhältnisse angepasst werden konnten. 
    Otto Neitsch (1840-1914), der hier bildreich auf die universelle Nutzung der Industrie-, Feld- und Waldbahnen hinweist, stammte aus Potsdam. Im Adressbuch Halle ist er erstmals als Agent eingetragen. Schnell fasst er Fuß in der prosperierenden Industriestadt und hat schon zwei Jahre später als Ingenieur eine eigene Firma, deren Standort in der Nähe des Riebeckplatzes mehrfach wechselt. In den 1880er Jahren verfügt das Unternehmen über eine Eisenkonstruktions-Werkstätte und erstrangige Eisengießerei und bietet unter anderem Eisen- und Walzwerks-Produkte, Eisen- und Stahlmaterialien für Bauten, Industrie- und Gruben-Bahnen an. Dazu ist Otto Neitsch kreativ tätig und reicht 1903 ein Patent für eine Feststellvorrichtung für Muldenkipper beim Kaiserlichen Patentamt Berlin ein. Nach seinem Tod führte sein Schwiegersohn Alfred Küper das Unternehmen noch einige Jahre weiter. 

     

    Ein Schmetterling auf dem Markt

    Quasi über Nacht und für die Hallenser höchst überraschend entstand im November 1964 auf dem Marktplatz in der Nähe des Roten Turms eine Anlage zum Schutz für wartende Straßenbahnfahrgäste, die schon kurz nach Aufstellung in der Lokalpresse bissig kommentiert wurde (Der Neue Weg 24.11.1964). Auf einem Mittelsockel schwebten an Stahltrossen zwei ausladende flügelähnliche Elemente in den Raum. Dazu war auf der westlichen Seite eine Rückwand mit Bänken installiert. Prompt erhielt die als störender Fremdkörper empfundene Installation wegen der damals ungewöhnlich anmutenden Form den Namen „Schmetterling“. Die meisten Hallenser beanstandeten dabei die unglückliche Wahl des Standorts, zeigten sich aber offen für das demonstrierte neue bautechnische Verfahren. 
    So war der „Schmetterling“ das erste in Schalenbauweise errichtete Objekt, welches der Bauingenieur und Architekt Herbert Müller hier präsentierte. Vier Jahre später erhielt er den Nationalpreis III. Klasse für Wissenschaft und Technik für seine Verdienste bei der Entwicklung von industriell vorgefertigten hyperboloiden Betonfertigteilschalen, die er selbst HP-Schalen nannte. Sein Patent ermöglichte eine rationelle Bauweise und neue Gestaltungsmöglichkeiten. Weit gespannte, wellenförmige Dächer wurden zum Markenzeichen der HP-Schalenbauweise und prägten seitdem zahlreiche öffentliche Bauten der DDR. 
    Sang- und klanglos verschwand der „Schmetterling“ zehn Jahre später während der Vorbereitungen zur Wiederherstellung des Roten Turms. In Zeitungsberichten wird am 22. Mai 1975 der Abriss nur kurz erwähnt. 
    Heinrich Renner (1903-1981) hielt 1966 den Schmetterlings-Pavillon im Bild fest. Er war 1945 nach Halle gekommen und fotografierte seit Mitte der 1960er Jahre das Baugeschehen in Halle und Halle-Neustadt. In der von ihm hinterlassenen Diasammlung, die heute im Stadtarchiv bewahrt wird, befinden sich auch die vorgestellten Ansichten.