(halle.de/ps) Die Stadt Halle (Saale) klagt vor dem Verwaltungsgericht Halle gegen den Bescheid des Statistischen Landesamtes (SLA) vom 19. Mai 2025 wegen Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl mit Stand vom 1. Mai 2022. Die Stadtverwaltung hat die Klage fristwahrend eingereicht, der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 25. Juni 2025 die Klage mit großer Mehrheit bestätigt. Zudem hat der Stadtrat den Widerspruch der Stadt beim SLA zum Bescheid des SLA über Leistungen nach dem Finanzausgleichgesetz (FAG, §§4) und über Schlüsselzuweisungen (FAG des Landes Sachsen-Anhalt, §12) mit großer Mehrheit gebilligt.
Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt: „Wir können die Folgen dieser Bescheide nicht hinnehmen. Sie schaden unserer Stadt – auch als Oberzentrum und damit dem Süden ganz Sachsen-Anhalts – nachhaltig und langfristig. Ich freue mich, dass der Stadtrat dies ebenso sieht, einen klaren Standpunkt vertritt und unsere Klage unterstützt.“
Die Stadt verlöre auf Grund der oben genannten SLA-Bescheide künftig über alle ihr zustehenden Zuweisungen nach FAG rund 11 Mio. Euro jährlich. Die verminderte Zuweisung widerspricht damit dem Ziel des FAG LSA, die Kommunen mit den für die Aufgabenwahrnehmung angemessenen finanziellen Mitteln auszustatten (§ 1 Abs. 1 S. 1 FAG LSA). Die Stadt Halle (Saale) kann in der Folge nicht mehr ihre eigenen sowie die übertragenen Aufgaben vollumfänglich erfüllen, da in Ergänzung der eigenen Einnahmen nicht mehr ausreichend Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben seitens des Landes bereitgestellt werden (§ 1 Abs. 2 S. 1 FAG LSA).
Neben den drohenden finanziellen Auswirkungen auf den städtischen Haushalt kritisiert der Oberbürgermeister, dass öffentliche Institutionen – unter anderem des Landes – die vom Zensus hochgerechneten Zahlen bereits nutzen: „Dadurch entsteht unserer Stadt ein erheblicher Image-Schaden, wenn Institutionen mit Zahlen operieren, die noch nicht gesichert bestätigt beziehungsweise in laufenden Verfahren gerichtlich geprüft werden“, so Dr. Vogt.
Längst kritisiert nicht nur die Stadt Halle (Saale) die Hochrechnungen des Zensus. Im Mai dieses Jahres hatten rund 30 Kommunen und Gebietskörperschaften aus Sachsen-Anhalt – darunter die Stadt Halle (Saale) – die „Halberstädter Erklärung“ veröffentlicht. Die Unterzeichner fordern darin, die Daten aus den jeweiligen kommunalen Melderegistern als Grundlage für die FAG-Zuweisungen an die Städte und Gebietskörperschaften zu nutzen, nicht die Zensus-Erhebungen. Die Stadt Halle (Saale) vertritt diesen Standpunkt bereits seit vergangenem Jahr. Mit ihrer Aktion „Halle zählt selbst“ hatte die Stadt ihre Position plausibel untersetzt und einen wegweisenden Impuls gesetzt.
Deutschlandweit haben hunderte Kommunen Widerspruch bzw. Klagen eingereicht: Im Bundesland Hessen ziehen mehrere Kommunen gegen das dortige Statistische Landesamt vor Gericht; unter anderem die Städte Fulda und Gießen. Insgesamt haben in Hessen mehr als 40 Kommunen Widerspruch gegen die Zensus-Einwohnerzahl eingelegt. In Baden-Württemberg sind es 334 Kommunen.
Hintergrund:
Das SLA hatte per Zensus-Hochrechnung am 15. Mai 2022 eine Einwohnerzahl von 226.589 Personen festgestellt. Das Melderegister der Stadt wies zum gleichen Zeitraum hingegen eine Einwohnerzahl von 242.860 aus. Aktuell weist das Melderegister rund 242.500 Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnsitz aus. Hinzu kommen rund 3700 Einwohner mit Nebenwohnsitz in Halle (Saale).
Bereits unmittelbar nach der Veröffentlichung des Zensusberechnungen durch das SLA hatte die Stadt die Ergebnisse der Zensus-Erhebung als unrealistisch kritisiert und im November in einer Stellungnahme an das Statistische Landesamt stichhaltige Gegenargumente übermittelt. Entsprechende Plausibilitätsprüfungen der Stadt (zu Wahlbenachrichtigungen, Einschulungszahlen und der Abgleich von Steuer-ID-Nummern) sowie die initiierte Aktion „Halle (Saale) zählt selbst!“ bestätigten die Annahme der Stadt: Die Zensus-Zahlen sind nicht plausibel, die des Melderegisters hingegen sind aktuell, realistisch und sehr präzise.